Humboldt-Universität zu Berlin - Deutsch

Institutionelle Rahmenbedingungen für die Umsetzung von Wissenstransfer

Da die BUA Wissenstransfer im Berliner Forschungsraum fördern möchte, stellt sich die Frage, wo die Förderung konkret ansetzen kann. Wir haben im BSS danach gefragt, inwiefern aktuell Unterstützungsbedarf durch die Einrichtungen beim Thema Wissenstransfer besteht.

Der geäußerte Unterstützungsbedarf muss im Kontext weiterer Einschätzungen betrachtet werden, wie einerseits der zuvor untersuchten Transferpotenziale und andererseits dahingehend, wie der Berliner Forschungsraum bereits aktuell in puncto Wissenstransfer aufgestellt ist. Auch dazu haben wir die Wissenschaftler:innen um ihre Einschätzungen gebeten.

Einschätzung des Berliner Forschungsraums hinsichtlich Wissenstransfer

Um die Rahmenbedingungen im Berliner Forschungsraum zu evaluieren, wurden die Wissenschaftler:innen gebeten, den Berliner Forschungsraum hinsichtlich verschiedener Aspekte zu beurteilen (Lüdtke und Ambrasat 2022a). Beim Thema Wissenstransfer gaben mit 18,6 % relativ viele Befragte verglichen mit den anderen Themen an, dass sie dieses nicht für den Berliner Forschungsraum beurteilen können (ohne Abbildung). Dies sind überwiegend Prädocs, mithin tendenziell eher unerfahrenere Wissenschaftler:innen, die den Berliner Forschungsraum (noch) nicht so gut einschätzen können. Von allen, die eine Einschätzung abgegeben haben, beurteilen 55 % den Berliner Forschungsraum in puncto Wissenstransfer als „eher gut“ und 11,4 % sogar als „sehr gut“ aufgestellt. Auf der anderen Seite sieht ein Drittel der Befragten den Berliner Forschungsraum in puncto Wissenstransfer kritisch und beurteilt ihn als „eher schlecht“ oder sogar „sehr schlecht“ (siehe Abbildung 33).

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Abbildung 33 Beurteilung des Berliner Forschungsraums

Unterstützungsbedarf durch die Einrichtungen

Aus der Literatur zu so genannten heterogenen Kooperationen ist bekannt, dass es zu Spannungen kommen kann, wenn Akteure mit unterschiedlichem Wissens- und Erfahrungshintergrund und möglicherweise unterschiedlichen Interessenlagen in Austausch treten (Gläser et al. 2004). Solche Spannungen sollten möglichst nicht zu Belastungen für die einzelnen Wissenschaftler:innen werden, geschweige denn transdisziplinäre Kooperationen oder Wissenstransferaktivitäten gar verunmöglichen.

Die Frage nach dem Unterstützungsbedarf bei Wissenstransfer-Aktivitäten dient dazu, Hinweise dafür zu bekommen, ob und wo das Wissenschaftsmanagement wirksam werden sollte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine quantitative Befragung nur erste Hinweise dazu liefern kann, während ergänzende qualitative Studien oder der konkrete Austausch mit einzelnen Forschergruppen erst Aufschluss geben können, wo und wie konkret unterstützt und gefördert werden sollte.

Beachtliche 46 % aller Befragten wünschen sich beim Wissenstransfer mehr Unterstützung durch ihre Einrichtung (ohne Abbildung). Jüngere Wissenschaftler:innen bekunden deutlich häufiger einen Unterstützungsbedarf beim Wissenstransfer als Etabliertere. Unterteilt nach Statusgruppen geben 37 % der Professor:innen, 45% der Postdocs und 50 % der Prädocs einen Unterstützungsbedarf an (siehe Abbildung 34). Es scheint plasuible, anzunehmen, dass unerfahrenere Wissenschaftler:innen entsprechend noch einen höheren Unterstützungsbedarf aufweisen. Andererseits könnte es auch sein, dass die Jüngeren einen größeren Unterstützungsbedarf anmelden, weil sie das Thema wichtiger finden (s.o. Abb. 4) und hierbei vorankommen möchten. Wir prüfen die Effekte weiter unten (Abbildung 36) in einem multivariaten Modell.

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Abbildung 34 Unterstützungsbedarf bei Wissenstransfer-Aktivitäten, nach Statusgruppen

Im Vergleich der Fächergruppen zeigen sich kaum bedeutsame Unterschiede (siehe Abbildung 35). Lediglich in den Naturwissenschaften wird mit 41 % etwas weniger Unterstützungsbedarf geltend gemacht als in den anderen Fächergruppen, wo die Anteile zwischen 46 % (Lebenswissenschaften) und 49 % (Sozialwissenschaften) liegen.

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Abbildung 35 Unterstützungsbedarf bei Wissenstransfer-Aktivitäten, nach Fächergruppen

Insgesamt ist der angegebene Unterstützungsbedarf in Anbetracht des bereits vorhandenen Austauschs ein erstaunlich hoher Wert und könnte auch darauf hindeuten, dass sich die Wissenschaftler:innen in puncto Transfer unter Druck sehen und den Ball gern an die Einrichtungen zurückgeben möchten. Eine andere Erklärung könnte sein, dass die Wissenschaftler:innen, obwohl sie dem Wissenstransfer grundsätzlich positiv gegenüberstehen, in der Praxis einige Hürden wahrnehmen, die sie als Belastung empfinden. Wir haben uns dazu im multivariaten Modell auch angesehen, welche Einflussfaktoren auf den Unterstützungsbedarf wirken. Tatsächlich ist es jedoch nicht ein hoher Erwartungsdruck, sondern vielmehr die eigene normative Zielsetzung, die das Thema Wissenstransfer dringlich macht und damit einen Unterstützungsbedarf weckt (siehe Abbildung 36). Das heißt, es sind vor allen diejenigen, die Wissenstransfer selbst für ein wichtiges Ziel in der Wissenschaft halten, die zugleich einen Unterstützungsbedarf gegenüber Ihren Einrichtungen reklamieren. Des Weiteren zeigt sich der bivariate Befund, dass wiederum Nachwuchswissenschaftler:innen einen höheren Unterstützungsbedarf aufweisen.

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Abbildung 36 Einflussfaktoren auf den Unterstützungsbedarf bei Wissenstransfer-Aktivitäten