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Erste umfangreiche Daten zu Diskriminierung in der Wissenschaft

Diese Nachricht erscheint im Newsletter der BUA im Juni 2024.


Auch Wissenschaft ist vor Diskriminierung und Machtmissbrauch nicht sicher. Immer wieder kommen Einzelfälle ans Tageslicht und sorgen für Empörung. Sind diese bekannt gewordenen Fälle wirklich nur Einzelfälle oder die Spitze des Eisbergs einer ungesunden Arbeitskultur? Ist Diskriminierung weiter verbreitet als vermutet? Der Berlin Science Survey liefert erstmals belastbare Zahlen für den gesamten Berliner Forschungsraum.

In der aktuellen Erhebung des BSS wurden Befragte gebeten, anzugeben, ob sie an ihrem jetzigen Arbeitsplatz Diskriminierung beobachtet oder selbst erlebt haben. Dabei wurde Diskriminierung wie folgt definiert: „Diskriminierung bedeutet, dass eine Person oder Gruppe aufgrund eines oder mehrerer Merkmale abgewertet oder gegenüber anderen benachteiligt wird.“

Die Ergebnisse des BSS zeigen, dass Diskriminierung ein verbreitetes Phänomen ist und sich nicht nur auf Einzelfälle beschränkt. 23 % der Wissenschaftler:innen geben an, schon mindestens einmal im aktuellen Arbeitsumfeld innerhalb der letzten 24 Monate selbst Diskriminierung erlebt zu haben. Darunter 9,3 % mehrmals und 3.2 % sogar regelmäßig (Abbildung 1). Deutlich mehr (knapp 40 %) geben an, Diskriminierung mindestens einmal beobachtet zu haben – darunter 18.7 % mehrmals und 5 % regelmäßig.

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Diskriminierung ist offensichtlich kein zu vernachlässigendes Phänomen. Fast jede:r vierte Wissenschaftler:in hat selbst Diskriminierung erfahren.

In Abbildung 2 ist dargestellt, welche Gruppen besonders von Diskriminierungserfahrung betroffen sind. In der aktuellen Erhebung des Berlin Science Survey wurden Diversitätsmerkmale abgefragt, die verschiedene Untergruppen identifizierbar machen. Nicht überraschend, aber hier erstmals durch Zahlen belegbar ist, dass Frauen (34 %), diverse Wissenschaftler:innen und solche, die ethnischen oder religiösen Minderheiten angehören, häufiger Diskriminierung erfahren (jeweils ca. 40 %) als der Durchschnitt. Auch Personen mit langanhaltenden psychischen oder körperlichen Erkrankungen (38 bzw. 34 %) berichten häufiger von Diskriminierung als der Gesamtdurchschnitt.

Abbildung 2 Diskriminierung nach Subgruppen
Abbildung 2 Diskriminierung nach Subgruppen

Die Daten des BSS sind die ersten Querschnittsdaten für den Berliner Forschungsraum. Sie zeigen, dass sich Diskriminierung in der Wissenschaft nicht auf Einzelfälle beschränkt. Die Erhebung und Bereitstellung solcher Querschnittszahlen kann ein wichtiger erster Schritt sein, die Sensibilität für das Thema zu erhöhen, und bei allen Beteiligten eine größere Aufmerksamkeit für Diskriminierungen im Alltag zu wecken. Weitere Untersuchungen sind jedoch nötig, um mögliche strukturelle Probleme besser zu verstehen: In welchen Arbeitskontexten kommt Diskriminierung gehäuft vor? Gibt es einen Zusammenhang mit den Rahmenbedingungen, Arbeitskulturen, Erwartungsdruck, Stress? Welche Rolle spielen Unsicherheiten und Abhängigkeiten innerhalb der Arbeitsgruppen?

Und vor allem: Was wären entscheidende Stellen, an denen Politik und Management Einfluss nehmen können, um die Rahmenbedingungen in der Wissenschaft zu verbessern? Denn wenn die Wissenschaft die „besten Köpfe“ bekommen möchte, wie oft kolportiert, dann müssen die Bedingungen für eine diskriminierungs- und machtmissbrauchsfreie Forschungslandschaft geschaffen werden.

Der Berlin Science Survey

Der Berlin Science Survey (BSS) ist eine wissenschaftliche Trendstudie zum kulturellen Wandel in der Berliner Forschungslandschaft. Hierfür erfragt das Robert K. Merton Zentrum für Wissenschaftsforschung an der Humboldt-Universität zu Berlin in regelmäßigen Abständen online die Erfahrungen und Einschätzungen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Berliner Forschungsraum. An der jüngsten Studie haben bis dato 2.776 Wissenschaftlerinnen des Berliner Forschungsraums teilgenommen. Wir möchten uns herzlich bei allen bedanken, die an der Studie teilgenommen haben. Die verschiedenen und teils vielschichtigen Themen der aktuellen Befragung werden in den kommenden Monaten sukzessive ausgewertet und die Ergebnisse veröffentlicht.