Humboldt-Universität zu Berlin - Deutsch

Einleitung

Open Science ist ein Sammelbegriff für verschiedene Bemühungen, die im weitesten Sinn auf die Verbesserung der Zugänglichkeit, Nachvollziehbarkeit und Nachnutzbarkeit von wissenschaftlichen Ergebnissen abzielen, auch mit Blick auf eine breitere, nicht-wissenschaftliche Öffentlichkeit (Lasser et al. 2022).

Open Science ist zugleich ein stark forciertes wissenschaftspolitisches Ziel, von dem man Verbesserungen in der Wissenschaft und im Verhältnis von Wissenschaft und Gesellschaft erwartet.  So hat zum Beispiel die Europäische Kommission in ihr Programm „Horizont Europa“ eine Open Science Policy integriert (European Union 2021). In Deutschland unterstützen DFG-Förderprogramme Open Access Publikationen (DFG-Ausschuss für Wissenschaftliche Bibliotheken und Informationssysteme 2022; Deutsche Forschungsgemeinschaft 2020). Für den Berliner Forschungsraum hat der Berliner Senat das Ziel formuliert, einen für alle offenen Zugang zu digitalen Wissensressourcen zu schaffen (Senat von Berlin 2015). Auch die Berlin University Alliance (BUA) hat die Ausweitung von Open Science auf die eigene Agenda gesetzt. So wird im Rahmen der OpenX-Initiative eine Strategie für Open Science an der BUA entwickelt (Berlin University Alliance 2023).

Das Projekt Berlin Science Survey untersucht den Wandel der Forschungskultur und Forschungspraktiken im Berliner Forschungsraum aus der Perspektive der Wissenschaftsforschung. Es dient somit auch als Begleitforschung der Maßnahmen der BUA und versucht intendierte und un-intendierte Effekte politischer Steuerung sichtbar zu machen.[1]

Die Basisauswertung des Berlin Science Surveys hat bereits gezeigt, dass Open Science einen hohen Stellenwert bei den Wissenschaftler:innen im Berliner Forschungsraum hat, die Priorisierung in der alltäglichen wissenschaftlichen Praxis jedoch etwas dahinter zurückbleibt (Lüdtke und Ambrasat 2022a, sowie Abb. 15 unten).

Für den Schwerpunktbericht zu Open Science lassen sich folgende vertiefende Fragen stellen:

Wie weit sind die einzelnen Open Science Praktiken bereits im Berliner Forschungsraum verbreitet? Welche Unterschiede im Grad ihrer Umsetzung lassen sich ausmachen? Wie bewerten die Forschenden selbst die Ausweitung von Open Science? Welche Hoffnungen und Befürchtungen knüpfen sich an dieses Thema? Welche Probleme und Schwierigkeiten schließlich stehen der Umsetzung von Open Science entgegen und gibt es einen Unterstützungsbedarf von Seiten der Wissenschaftler:innen?

Der vorliegende Bericht beantwortet genau diese Fragen anhand der Daten des Berlin Science Surveys (Lüdtke und Ambrasat 2022b). Dazu wurden 1.098 Fragebögen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus dem Berliner Forschungsraum ausgewertet, die im Wintersemester 2021/22 befragt wurden. Der Schwerpunkt der Auswertung liegt auf den Praktiken, Einstellungen und Diskursen zum Thema Open Science. Dabei werden bei allen Teilthemen insbesondere die Unterschiede zwischen den Statusgruppen einerseits und den Fächergruppen andererseits beleuchtet und interpretiert.

Diese beiden wichtigen Strukturvariablen sollen die Diversität der wissenschaftlichen Gemeinschaft erschließen. Die hierarchische Gliederung der Statuspositionen nach Professor:innen, Postdocs und Prädocs bestimmt nicht nur das Anstellungsverhältnis und die Karriereposition. Mit der Position verbinden sich zum großen Teil auch ein spezifisches Aufgabenportfolio und die Rolle in Forschung und Lehre. Darüber hinaus ist sie ein Indikator für die wissenschaftliche Erfahrung und die Ausstattung eines:r Forschers:in mit Ressourcen, wie Zeit, Geld und Macht.

Die zweite zentrale Strukturvariable ist die Einteilung nach Fächern, wobei die Analysen hier differenziert nach den Fächergruppen Geistes-, Sozial-, Lebens-, Natur- und Ingenieurswissenschaften durchgeführt wurden. Die Fachzugehörigkeit prägt die Forschenden durch routinierte Arbeitsabläufe, institutionelle Bedingungen und nicht zuletzt durch ein fachspezifisch vermitteltes Verständnis von Wissenschaft und Wissenschaftlichkeit. Doch auch innerhalb einer Fächergruppe gibt es teils sehr große Differenzen in den konkreten Arbeits- und Forschungsbedingungen. Unterschiede zwischen den Fächergruppen liefern daher nur (erste) Hinweise auf die Diversität von Forschungskontexten.  

Die Einführung, Umsetzung und Reflexion von Open Science Praktiken geschieht damit in einer vielfältigen Forschungslandschaft. Der Report versucht dieser Vielfalt gerecht zu werden und stellt dabei die Perspektiven der Forschenden in den Mittelpunkt.

Der Schwerpunktbericht zu Open Science kann auch hier heruntergeladen werden.

Zusätzlich sind die Daten des Berlin Science Surveys speziell für die Befragten der Charité Universitätsmedizin Berlin auf alternative Weise aufbereitet im Charité Dashboard on Responsible Research dargestellt.

[1] Der aktuelle Schwerpunktbericht enthält noch keine Trenddaten, sondern bezieht sich auf die Querschnittsdaten der Pilotstudie im Wintersemester 2021/22. Trenddaten werden erst mit der zweiten Welle im WS 23/24 verfügbar sein.