Forschungskulturen
Kultur ist ein ganzheitliches (holistisches) Konzept, das sich nicht auf einige wenige Eigenschaften reduzieren lässt. Daher können auch hier die Messung und Analyse von Kulturen bei weitem nicht vollumfänglich vorgenommen werden. Stattdessen wird auf einige Facetten fokussiert, die für Fragen von Forschungsqualität und die Nachhaltigkeit der Forschungsleistungen bedeutsam sind.
Forschungskulturen sind geprägt von fachspezifischen Einflüssen. Diese sind in einem Fachgebiet über eine einzelne Einrichtung hinaus, national oder zumeist sogar global, einheits- und identitätsbestimmend. Vor diesem Hintergrund entwickeln sich in den lokalen Kontexten der Einrichtungen, also unter gegebenen organisationalen Rahmenbedingungen, jeweils spezifische Arbeitskulturen, die nicht zuletzt auch von der konkreten Zusammensetzung einer Arbeitsgruppe, dem Führungsverhalten etc. abhängen können. Das Interesse an den Arbeitskulturen ergibt sich, weil sie ein Schlüssel dafür sind, ob die wissenschaftliche Tätigkeit konstruktiv und produktiv verfolgt wird oder ob Hemmnisse auftreten, die die wissenschaftliche Leistungsfähigkeit, die Forschungsqualität oder die Nachhaltigkeit von beidem beeinträchtigen können.
Die Arbeitskulturen sind auch ein Bindeglied zwischen den Rahmenbedingungen und dem wissenschaftlichen Output. So hängt es von der jeweiligen Arbeitskultur ab, inwiefern ein äußerer Wettbewerbsdruck in der Wissenschaft auch auf die Zusammenarbeit in den Arbeitsgruppen abfärbt, eventuell sogar verstärkt oder, im Gegenteil, abgefedert wird.
In diesem Sinn werden zunächst Merkmale der Forschungskulturen im Forschungsfeld betrachtet und danach die Arbeitskulturen im engeren Arbeitsumfeld. Bezogen auf das Forschungsfeld interessieren drei Merkmale: ob die Forschungskulturen eher als kooperativ oder unkooperativ wahrgenommen werden, ob sie als fair oder unfair eingeschätzt werden und ob sie als ideenfördernd oder eher ideenhemmend wahrgenommen werden. Darüber hinaus interessiert das Ausmaß des Wettbewerbs innerhalb des Forschungsfeldes (siehe nächster Abschnitt).
Gefragt nach der Kultur im eigenen Forschungsfeld ergeben sich in allen Fächergruppen ähnliche, und zwar überwiegend positive Einschätzungen. Danach werden die Forschungskulturen als kooperativ, fair und ideenfördernd bewertet (siehe Abbildung 19). In den Naturwissenschaften zeigt sich eine leichte Tendenz zu noch etwas besseren Bewertungen verglichen mit den Geistes-, Sozial- und Lebenswissenschaften (siehe Abbildung 19).