Wettbewerb
Wettbewerb ist einer der umstrittensten Begriffe unserer Zeit. Die Frage, wieviel Wettbewerb gut ist und wann Wettbewerb dysfunktional wird, ist nicht nur für das Feld der Wissenschaft relevant, sondern ließe sich auch für andere gesellschaftliche Bereiche stellen. Dass Wettbewerb herrscht, wird oftmals unhinterfragt angenommen, z.B. mit dem Begriff Standortwettbewerb. In anderen Fällen werden Wettbewerbe bewusst erzeugt, um eine selektive Verteilung knapper Ressourcen verfahrenskonform legitimieren zu können, so z.B. auch in der Exzellenzstrategie des Bundes.
Doch was macht Wettbewerb mit den Forschungs- und Arbeitskulturen und letztlich mit der Arbeit der einzelnen Wissenschaftler:innen? Im Berlin Science Survey wurden die Befragten zu ihrer Wahrnehmung von Wettbewerb auf verschiedenen Ebenen befragt: im eigenen Forschungsfeld, innerhalb der eigenen Einrichtung und innerhalb der eigenen Arbeitsgruppe (siehe Abbildung 20). Während es auf der Ebene der Forschungsfelder kaum ohne Wettbewerb geht (nur knapp 2 % geben an, keinen Wettbewerb in ihrem Forschungsfeld wahrzunehmen), ist dieser an der Einrichtung zwischen den Arbeitsgruppen sowie innerhalb der Arbeitsgruppen deutlich weniger ausgeprägt. Bezogen auf ihr eigenes Forschungsfeld sprechen 48,8 % der Wissenschftler:innen von einem „starken“ und weitere 27,2 % von einem „sehr starken“ Wettbewerb. Auf der Ebene der Einrichtungen überwiegt ein „schwacher“ Wettbewerb (47,7 %), während 25,3 % auch einen „starken“, 9,3 % einen „sehr starken“ und 17,8 % „gar keinen“ Wettbewerb wahrnehmen.
Innerhalb des direkten Arbeitsumfeldes von Arbeitsgruppen und Teams zeigt sich Wettbewerb noch einmal deutlich reduziert. Hier nehmen 39,2 % „gar keinen“ und 42,4 % einen „schwachen“ Wettbewerb wahr. Eine deutliche Minderheit spürt auch innerhalb des direkten Arbeitsumfeldes „starken“ (14,5 %) oder „sehr starken“ (3,8 %) Wettbewerb (siehe Abbildung 20).
Ein Vergleich der Fächer zeigt, dass es überall dasselbe Muster gibt, mit nur leichten Unterschieden (siehe Abbildung 21). Der Wettbewerb im eigenen Forschungsfeld wird in den geistes- und sozialwissenschaftlichen Forschungsfeldern etwas stärker wahrgenommen und etwas schwächer in den ingenieurswissenschaftlichen Forschungsfeldern. Ähnlich sieht es innerhalb der Arbeitsgruppen aus. Die Konkurrenz zu anderen Arbeitsgruppen innerhalb der eigenen Einrichtung nehmen Lebenswissenschaftler:innen stärker wahr als die Vertreter:innen anderer Fächer (siehe Abbildung 21).
Im Vergleich der Statusgruppen spüren Professor:innen den Wettbewerb im Forschungsfeld etwas stärker als Prädocs und Postdocs, während Postdocs ihn minimal stärker innerhalb der Einrichtung und innerhalb der Arbeitsgruppen wahrnehmen (siehe Abbildung 22).