Humboldt-Universität zu Berlin - Deutsch

Rahmenbedingungen im Berliner Forschungsraum

Im Berliner Forschungsraum werden die Rahmenbedingungen auf zwei Ebenen gestaltet – zum einen durch die eigene Einrichtung und zum anderen durch die Berlin University Alliance als eine Art Supra-Organisation. Ziel der BUA ist es, einen integrierten Forschungsraum in Berlin zu schaffen und diesen „zum führenden Wissenschaftsstandort in Europa“ auszugestalten (Berlin University Alliance 2024).

Im Folgenden werden zunächst die Einschätzungen zum Berliner Forschungsraum insgesamt dargestellt und danach konkrete Rahmenbedingungen an den Einrichtungen bewertet. Die Befragten aus dem Berlin Science Survey 2024 sind im Durchschnitt seit 9,8 Jahren im Berliner Forschungsraum tätig und haben somit sehr gute Einblicke in die Forschungslandschaft. Verglichen werden die Einschätzungen der Wissenschaftler:innen der BUA-Einrichtungen auch wieder mit denen von Wissenschaftler:innen der BR 50 und von Wissenschaftler:innen an Exzellenzuniversitäten außerhalb Berlins.

Zunächst wurde gefragt, ob die in Berlin tätigen Wissenschaftler:innen Berlin als einen gemeinsamen Forschungsraum wahrnehmen (siehe Abbildung 6). Knapp ein Drittel hat dies bejaht (Antworten = „ziemlich“ oder „sehr“). Und ein weiteres Drittel sieht zumindest Ansätze eines gemeinsamen Forschungsraums (Antwort = etwas).

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Abbildung 6 Einschätzung Berlin als gemeinsamer Forschungsraum

Eine weitere Frage bezieht sich darauf, wie die Entwicklung des Berliner Forschungsraums bewertet wird. Die Bewertungen konnten auf einer Skala von „sehr negativ“ (-5) bis „sehr positiv“ (+ 5) angegeben werden. Hierbei hat sich ein Mittelwert von 0,54 ergeben (Abbildung 7). Die Entwicklung des Berliner Forschungsraums wird somit als leicht positiv bewertet.

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Abbildung 7 Bewertung der Entwicklung des Berliner Forschungsraums

Darüber hinaus wurden detaillierte Bewertungen des Berliner Forschungsraums hinsichtlich verschiedener Aspekte erhoben, darunter auch wichtige Zieldimensionen der BUA. Bei dieser differenzierten Bewertung des Berliner Forschungsraums ergab sich das folgende Bild (siehe Abbildung 8): Internationalität und Forschungsqualität als zwei wichtige Ziele der BUA werden am besten bewertet. Hier geben knapp 85 % „eher gute“ oder „sehr gute“ Bewertungen ab. Auch der Standort Berlin als solcher überzeugt: 83% der Befragten beurteilen diesen positiv. Auch das Innovationspotenzial und die damit zusammenhängende Kooperationsfähigkeit wird, wie auch die Forschungsautonomie, als überwiegend gut bewertet. Verbesserungspotenzial gibt es eher auf anderen Handlungsfeldern der BUA, wie dem Thema Wissenstransfer. Aber auch die Umsetzung von Open Science wird von 22 % der Befragten (eher) schlecht bewertet. Jedoch fällt hier auf, dass mit knapp 30 % besonders viele Befragte sich bei diesem Thema kein Urteil erlauben. Am schlechtesten ist nach Einschätzungen der Wissenschaftler:innen die Situation bei der Nachwuchsförderung und den materiellen, institutionellen Rahmenbedingungen der Forschung. Letztere werden nur noch von knapp 40 % der Befragten als (eher) gut bewertet, von 53 % dagegen als (eher) schlecht.

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Abbildung 8 Beurteilung Berliner Forschungsraum

Mit Ausnahme der materiellen und institutionellen Bedingungen sowie der Situation im Bereich Wissenstransfer fallen die Einschätzungen des Berliner Forschungsraums in 2024 positiver aus als noch vor zwei Jahren (siehe Abbildung 9). Das ist überraschend, da zwei Jahre kein großer Zeitraum für Veränderungen in Trendstudien ist. Zwar kann auch nicht pauschal davon ausgegangen werden, dass diese Veränderungen (ausschließlich) auf die positiven Wirkungen der BUA zurückzuführen sind, dennoch zeigt sich eine insgesamt positivere Stimmung im Berliner Forschungsraum. Die Rolle der Berlin University Alliance im Berliner Forschungsraum wird in Kapitel 2.3 näher beleuchtet.

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Abbildung 9 Beurteilung Berliner Forschungsraum, im Trend

Auch die 2.471 Wissenschaftler:innen aus dem Vergleichssample der Exzellenzuniversitäten außerhalb Berlins wurden gebeten, ihre jeweiligen Forschungsumgebungen zu evaluieren. Der Vergleich offenbart, dass bei nahezu allen Zieldimensionen die Einschätzungen sowohl der Wissenschaftler:innen an den Berliner außeruniversitären Forschungseinrichtungen als auch die an den externen Exzellenzuniversitäten positiver ausfallen, als die der Wissenschaftler:innen der Berliner Universitäten (siehe Abbildung 10). Insbesondere die Bewertung der materiellen und institutionellen Rahmenbedingungen ist innerhalb der BUA deutlich schlechter als an den anderen Einrichtungen. Hier geben nur 36 % gegenüber 62 % (AUFs) bzw. 64 % (externe Exzellenzuniversitäten) gute Bewertungen ab. Beim Thema Nachwuchsförderung fallen die BUA Einrichtungen mit 51,3 % positiven Bewertungen vor allem gegenüber den externen Exzellenzuniversitäten deutlich zurück, bei denen im Schnitt 66,5 % positive Bewertungen abgegeben wurden. Auf der anderen Seite wird von Forschenden der außeruniversitären Einrichtungen das Innovationspotenzial etwas weniger gut und seitens der externen Exzellenzuniversitäten die Internationalität etwas weniger gut eingeschätzt, verglichen mit den BUA-Einrichtungen.

Das Item „Attraktivität der Stadt“ sollte zeigen, inwiefern ein „nichtwissenschaftlicher“ Aspekt den Standortwettbewerb, z.B. bei Rekrutierungsprozessen beeinflussen könnte. Es zeigt sich, dass Berlin hier gegenüber Standorten anderen Exzellenzuniversitäten keinen Vorteil aufweisen kann (siehe Abbildung 10).

 

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Abbildung 10 Beurteilung Berliner Forschungsraum, nach Subsamples

Die allgemeine Zufriedenheit mit den Rahmenbedingungen, unter denen die Befragten forschen, ist leicht positiv mit einem Mittelwert von 0,3 (siehe Abbildung 11), wobei diese seit der letzten Befragung minimal abgenommen hat; 2022 lag der Mittelwert noch bei 0,5 (ohne Abbildung).

Schaut man sich die Angaben differenziert nach Fächergruppen an, zeigen sich fast keine Unterschiede (siehe Abbildung 11). Sozial- und Naturwissenschaftler:innen sind etwas zufriedener als Geistes- und Lebenswissenschaftler:innen.

 

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Abbildung 11 Zufriedenheit Rahmenbedingungen, nach Fächergruppen

Im Vergleich mit Einrichtungen der BUA zeigen sich die Wissenschaftler:innen an den außeruniversitären Einrichtungen deutlich zufriedener mit ihren Rahmenbedingungen (siehe Abbildung 12). Auch an den Exzellenzuniversitäten des Vergleichssamples sind die Wissenschaftler:innen etwas zufriedener mit den Rahmenbedingungen als die Kolleg:innen der Berliner Universitäten (siehe Abbildung 12).

 

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Abbildung 12 Zufriedenheit Rahmenbedingungen, Organisationsvergleich

In Ergänzung zu den nationalen Rahmenbedingungen im Wissenschaftssystem wurde auch nach (lokalen) Rahmenbedingungen an der eigenen Einrichtung gefragt. Abbildung 13 gibt Aufschluss darüber, wo es genau hakt: Es sind vor allem die Verwaltungsprozesse, die äußerst schlecht bewertet werden. Von den Befragten aus den Einrichtungen der BUA bewerten 45 % die Verwaltungsprozesse als sehr schlecht, weitere 38 % als eher schlecht, zusammen genommen sind es also 83,4 %, die hier deutlichen Verbesserungsbedarf sehen. Zum Vergleich, unter den Befragten der außeruniversitären Forschungseinrichtungen schätzen nur 44,8 % die Verwaltungsprozesse an ihrer Einrichtung als „eher schlecht“ oder „sehr schlecht“ ein (siehe Abbildung 14), was dennoch auch hier auf Schwierigkeiten hinweist.

Bei den wissenschaftsunterstützenden Infrastrukturen sieht es etwas besser aus, aber auch hier gibt es Nachholbedarf für die BUA: Knapp 60 % bewerten die wissenschaftsunterstützende Infrastruktur (eher oder sehr) schlecht (siehe Abbildung 13). Dagegen sind es nur 26,3 % bei den außeruniversitären Forschungseinrichtungen (siehe Abbildung 14). Bezüglich der Lehrkapazitäten ist das Einschätzungsbild gemischter. 50,8 % sehen auch eine (eher) schlechte Situation, während der Rest von 49,2 % die Lehrkapazitäten als (eher oder sehr) gut bewertet. Es scheint hier verschiedene Kontexte zu geben, in denen sich die Lehrkapazitäten unterschiedlich auswirken.

Gerade im Vergleich zu den außeruniversitären Forschungseinrichtungen zeigt sich, dass es strukturelle Probleme an den Universitäten gibt. Hier wird man nicht umhinkommen, diese grundsätzlich anzugehen und auch die Landespolitik mit ins Boot zu holen, wenn sich zeigen sollte, dass die Probleme auf eine mangelnde Grundfinanzierung zurückzuführen sind.

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Abbildung 13 Rahmenbedingungen an der eigenen Einrichtung, nur Unis Berlin

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Abbildung 14 Beurteilung Einrichtung, nur außeruniversitäre Forschungseinrichtungen Berlin

Angesichts der Ergebnisse ist es auch nicht überraschend, dass sich 71,3 % der Befragten aus den Berliner Universitäten mehr Unterstützung bei Verwaltungsprozessen durch ihre Einrichtung wünschen (siehe Abbildung 15). Aber auch auf anderen Feldern wird mehr Unterstützung gewünscht. Bei allen erfragen Aktivitäten ist es jeweils mindestens ein Viertel der Befragten, das sich mehr Unterstützung wünscht. Bei der Mittelakquise / Drittmitteleinwerbung sind es sogar fast 50 % (siehe Abbildung 15).

Die Ergebnisse sind in vielen Punkten vergleichbar mit denen aus den außeruniversitären Einrichtungen. Unterschiede gibt es beim Unterstützungsbedarf im Zusammenhang mit Drittmitteleinwerbungen und vor allem bei Verwaltungsprozessen. Von den Befragten aus den außeruniversitären Forschungseinrichtungen geben hier zwar auch 46,4 % einen Unterstützungsbedarf an, das sind jedoch weit weniger als die gut 71 % an den Einrichtungen der BUA.

Der Anteil derjenigen Wissenschaftler:innen, die keinerlei Unterstützungsbedarf haben, ist mit 12 % an den außeruniversitären Forschungseinrichtungen etwas höher als in der BUA mit 4 % (siehe Abbildung 15). Das deckt sich mit den generell unterschiedlichen Einschätzungen der materiellen und institutionellen Rahmenbedingungen (s.o. Abb. 10). Insgesamt machen diese Ergebnisse den Handlungsbedarf in der BUA deutlich. Die Dringlichkeit, mit der die Probleme im Bereich forschungsunterstützende Strukturen angegangen werden sollte, wurde auch vielfach in den offenen Kommentaren betont, die wir von den Befragten am Ende der Befragung erhalten haben.

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Abbildung 15 Unterstützungsbedarf, nach Berliner Einrichtungen

Abbildung 16 zeigt, dass die Unterstützungsbedarfe an der BUA für viele erfragte Aktivitäten innerhalb der letzten zwei Jahre zurückgegangen sind. Insbesondere bei den Wissenstransfer-Aktivitäten kann man einen Rückgang der Unterstützungsbedarfe feststellen: von 40,3 % in 2022 haben diesen 2024 nur noch 29,3 % angegeben. Allerdings wurden in 2022 noch etwas weniger Dimensionen als in 2024 erhoben. Daher sollten die Unterschiede innerhalb der zwei Jahre nicht überinterpretiert werden, da sich diese survey-methodisch auch mit der verlängerten Itembatterie erklären ließen.

 

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Abbildung 16 Unterstützungsbedarf, im Trend