Humboldt-Universität zu Berlin - Deutsch

Rahmenbedingungen am Wissenschaftsstandort Deutschland

Im BSS wurde die Abfrage zur Bewertung der Rahmenbedingungen am Wissenschaftsstandort Deutschland auf einige wenige Dimensionen beschränkt, die häufiger in der öffentlichen Diskussion thematisiert werden oder die durch Gespräche im Vorfeld der Studie als relevante Themen für die Befragten identifiziert werden konnten. Hierbei zeigt sich, dass solche Aspekte, die in den Medien teilweise zu Problemen stilisiert werden, durch die Wissenschaftler:innen nicht in gleicher Weise als problematisch bewertet werden (siehe Abbildung 1). Insbesondere die Wissenschaftsfreiheit (81,6 %) und die Wahrnehmung von Wissenschaft im öffentlichen Raum (70,7 %) werden von großen Mehrheiten „eher gut“ oder „sehr gut“ beurteilt. Das Finanzierungssystem sowie die Karrierechancen in der Wissenschaft werden dagegen äußerst kritisch gesehen und von jeweils drei Vierteln der Befragten als „eher schlecht“ oder „sehr schlecht“ beurteilt. Das Finanzierungssystem wird von 29,9 % als „sehr schlecht“ und weiteren 44,8 % als „eher schlecht“ eingeschätzt. Die Karrierechancen in der Wissenschaft werden von 28,4 % als „sehr schlecht“ und von 51 % als „eher schlecht“ eingeschätzt. Auch die Attraktivität der Professur überzeugt die Mehrheit nicht. 17,4 % beurteilen diese als „sehr schlecht“, weitere 39,8 % als „eher schlecht“. Lediglich eine Minderheit von 42,8 % betrachtet die Attraktivität der Professur als „eher gut“ oder „sehr gut“.

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Abbildung 1 Beurteilung von Rahmenbedingungen im Wissenschaftssystem

Im Vergleich der Statusgruppen fällt auf, dass die Beurteilungen mit zunehmendem Status besser werden (siehe Abbildung 2). So sind die Professor:innen selbst noch mehrheitlich von der Attraktivität der Professur überzeugt, Postdocs und Prädocs dagegen deutlich weniger. Dadurch besteht die Gefahr, dass der wissenschaftliche Nachwuchs sich vom Berufsziel Professur abwendet und mehrheitlich andere Karriereziele verfolgt. Dies wird in Kapitel 4 näher beleuchtet.

Beim Thema „Karrierechancen in der Wissenschaft“ spiegelt sich ein starker Frust der Postdocs. Lediglich 16,5 % der Postdocs beurteilt die „Karrierechancen in der Wissenschaft“ als „eher gut“ bis „sehr gut“. Damit sind die Postdocs in diesem Punkt noch kritischer als die Prädocs, während bei allen anderen Themen ihre Bewertungen zwischen denen der Prädocs und denen der Professor:innen rangieren (siehe Abbildung 2).

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Abbildung 2 Beurteilung von Rahmenbedingungen im Wissenschaftssystem, nach Statusgruppen

Abbildung 3 vergleicht die Einschätzungen zu den Rahmenbedingungen von den Befragten der Einrichtungen der BUA mit denen von außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Berlin und einem Vergleichssample von Befragten anderer Exzellenzuniversitäten in Deutschland. Es wird deutlich, dass die Rahmenbedingungen im Wissenschaftssystem von allen befragten Wissenschaftler:innen sehr ähnlich eingeschätzt werden, unabhängig von welcher Einrichtung sie kommen. Das bedeutet, dass es sich hier um systemische Probleme handelt, die alle in Deutschland betreffen und nicht nur den Berliner Forschungsraum.

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Abbildung 3 Beurteilung von Rahmenbedingungen im Wissenschaftssystem, nach Institutionen

Das Ziel der Exzellenzstrategie, und zuvor schon der Exzellenzinitiative, ist es, den deutschen Wissenschaftsstandort international wettbewerbsfähiger und sichtbarer zu machen. Dafür werden Bundesmittel über ein Wettbewerbsverfahren an ausgewählte Universitäten verteilt, in Ergänzung zu deren länderfinanzierten Grundmitteln. Durch die in Gang gesetzte „Leistungsspirale“ soll ganz bewusst nicht die Breite gefördert werden, sondern es soll sich eine Spitze formieren (Hornbostel und Möller 2015). Befürworter:innen hoffen darauf, dass durch die Aufwertung des Standortes letztlich auch die nicht geförderten Universitäten profitieren. Kritiker befürchten jedoch, dass es nach dem Vorbild der USA zu einer sich vertiefenden Spaltung zwischen geförderten und nicht geförderten Universitäten kommt (Münch 2014).

Im BSS wurde gefragt, wie die Befragten sich hier positionieren (siehe Abbildung 4). Einerseits ist mehr als die Hälfte der Befragten der Meinung, dass die Exzellenzstrategie Deutschland insgesamt wettbewerbsfähiger macht. Anderseits wird von der Mehrheit (64 %) der Befragten bezweifelt, dass sich diese Standortverbesserung auch in die Breite, d.h. auch auf die nichtgeförderten Universitäten positiv auswirkt. Vielmehr sieht die überwiegende Mehrheit der Befragten (81,6 %) die Gefahr, dass die Kluft zwischen den geförderten und den nicht geförderten Universitäten größer wird. Abbildung 5 zeigt die Einschätzung im Institutionen-Vergleich. Auch hier zeigt sich, wie bereits zuvor, dass die Einschätzungen der Wissenschaftler:innen weitgehend unabhängig von der Art und dem Ort der Einrichtung sind.

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Abbildung 4 Beurteilung der Exzellenzstrategie des Bundes

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Abbildung 5 Beurteilung der Exzellenzstrategie des Bundes, nach Institutionen